Die Berechnung der Unendlichkeit
Über das Programm
Der Kreis, eine geometrische Figur ohne Ecken, Kanten, Anfang oder Ende, fasziniert die Menschheit seit einer langen Zeit. Schon die alten Ägypter wollten seine Fläche berechnen; Archimedes versuchte gar, das runde Gebilde in ein Quadrat zu verwandeln, um so den Inhalt des Sinnbilds der Unendlichkeit erfassen zu können. Erst im 17. Jahrhundert gelang es, eine Konstante zu finden, mit deren Hilfe der Flächeninhalt eines Kreises berechnet werden konnte: die Zahl Pi, eine reelle und, aufgrund der unendlich großen Anzahl von Kommastellen, irrationale Zahl.
Und um den Ende der Ewigkeit ein Stück näher zu kommen, rechnet man sich nun, Zahl um Zahl, Millionen und Billionen Stellen nach dem Komma, der Definition der Unendlichkeit entgegen. Und läuft doch nur Gefahr, sich auf dem Weg dahin in ihr zu verlieren.
Das musikalische Programm setzt sich mit kompositorischen Aspekten des Themas Kreis/Unendlichkeit auseinander. Durch drei elektronische Einspielungen, die auf der Zahlenfolge der Zahl Pi basieren, wird das Programm in drei Abschnitte geteilt:
1. Der Kreis als Gebilde ohne Anfang und Ende ermöglicht endlose Rotation und Bewegung:
„Ma fin est mon commencement“ von G. de Machaut zeigt genauso wie L. Berios „Rounds“ für Cembalo solo den Aspekt der unendlichen Zirkulation inhaltlich sowie kompositorisch. Das berühmte Ricercar á 3 von J.S. Bach erweitert diesen Aspekt durch die komplexe, kanonische Struktur sowie den Bezug auf die göttliche Zahl Drei.
2. π als Darstellung einer unendlichen Zahlenreihe/Ein Ton als Träger unendlich vieler Obertöne/Ein Ton als Geburtszelle eines ganzen Werkes:
Die „Fantasia upon one note“ von H. Purcell baut auf dem konstanten, durchgehend geloopten und von einer Stimme gespieltem C auf. Der zweite Satz der Solosonate für Viola von Ligeti spielt mit ebendiesem Loop-Gedanken. Der sechste Satz, eine Chaconne, basiert dann, als Erweiterung des beschriebenen Gedankens, auf einem mehrtönigen Bassmotiv. Die Ciacona von D. Buxtehude ist eine frühere Version dieser zugleich freien und festgelegten Kompositionsform dar.
3.Unendliche Zahlenfolge von π/Unendlichkeit als fortpflanzende Bewegung ohne Ziel und Ende:
Ein moderner Kanon von Schönberg sowie ein barocker von Telemann zeigen die endlose Fortpflanzung ein und der selben Tonstruktur, die gespielt werden kann, ohne jemals an ein Ende zu gelangen. Das Stück „Composition 1960#7“ von La Monte Young stellt quasi die Quintessenz dieser niemals endenden Bewegung dar: eine Quinte, „held for a long time“.
Programm
– π: Elektronische Zuspielung, basierend auf der Zahlenreihe von π
– G.d.Machaut (1300-1377): Ma fin est mon commencement (arr. für Vl., Vl., Va.)
– L. Berio (1925-2003): „Rounds“ für Cembalo solo
– J.S. Bach (1685-1750): Ricercar á 3 (arr. für Vl., Va., Vc.)
– π: Elektronische Zuspielung, Loop eines Tons
– H. Purcell (1659-1695): Fantasia upon one note (arr. für Vl., Vl., Va., Vc., Cmb.)
– G. Ligeti (1923-2006): aus Sonate für Viola Solo: 2. Loop, 6. Chaconne chromatique
– D. Buxtehude (1637-1707): Ciacona in e-Moll (arr. für Vl., Vl., Va., Vc., Cmb.)
– π: Elektronische Zuspielung, Cluster basierend auf der Zahlenreihe von π
– A. Schönberg (1874-1951): unendlicher, vierstimmiger Spiegelkanon (arr. für Vl., Va., Vc., Cmb.)
– G.Ph. Telemann (1681-1767): Zirkelkanon (arr. für Vl., Vl.)
– L.M. Young (*1935): Composition 1960#7 (arr. für Va., Vc.)
Konzerte
Montag 29.5.2023, 19.00 Einsiedeln, Bibliothek Werner Oechslin
Freitag 16.6.2023, 19.30 Schaffhausen, St. Anna-Kapelle (im Rahmen des Festivals Schaffhauser Kulturtage)
Sonntag 18.6.2023, 17.00 Zürich, Atelier für Kunst und Philosophie
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